Mentale Gesundheitsprogramme in der Pflege: Warum sie unverzichtbar sind
Die Pflegebranche steht vor großen Herausforderungen: Fachkräftemangel, hohe Arbeitsbelastung und die emotionalen Anforderungen des Berufs führen bei vielen Pflegekräften zu Stress und Überlastung. Die mentale Gesundheit von Pflegenden ist daher ein zentrales Thema, das nicht nur die individuellen Mitarbeiter betrifft, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung beeinflusst. In diesem Artikel beleuchten wir die Bedeutung von mentalen Gesundheitsprogrammen in der Pflege, aktuelle Herausforderungen und wie entsprechende Programme Abhilfe schaffen können.
Die Bedeutung der mentalen Gesundheit in der Pflege
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit rund eine Milliarde Menschen unter psychischen Erkrankungen, und die Zahl der Betroffenen steigt stetig1. In Deutschland sind Pflegekräfte besonders betroffen:
- Hohe Arbeitsbelastung: Schichtarbeit, Personalmangel und Zeitdruck erhöhen das Stresslevel.
- Emotionale Beanspruchung: Der tägliche Umgang mit kranken oder sterbenden Menschen kann zu seelischer Belastung führen.
- Fehlende Anerkennung: Oft wird die wichtige Arbeit von Pflegekräften gesellschaftlich nicht ausreichend wertgeschätzt.
Diese Faktoren führen zu einem erhöhten Risiko für Burnout, Depressionen und andere psychische Erkrankungen. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse liegen die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen bei Pflegekräften mehr als doppelt so hoch wie in anderen Berufsgruppen2.
Burnout in der Pflege
Burnout ist ein Zustand emotionaler, mentaler und physischer Erschöpfung, der durch übermäßigen und anhaltenden Stress verursacht wird. Symptome können sein:
- Anhaltende Müdigkeit
- Zynismus oder Distanzierung von der Arbeit
- Reduzierte Leistungsfähigkeit
Studien zeigen, dass Pflegekräfte ein erhöhtes Risiko für Burnout haben, was sich negativ auf ihre Gesundheit und die Qualität der Pflege auswirken kann.
Mentale Gesundheitsprogramme: Beispiele und Initiativen
1. Care4Care: Gesundheitsförderung in der Pflege
- Initiator: AOK-Bundesverband gemeinsam mit vier deutschen Hochschulen.
- Ziel: Entwicklung eines digital unterstützten Instruments für verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in der Pflege.
- Inhalte:
- Digitale Trainingsplattform mit pflegespezifischen Online-Trainings zur Förderung der psychischen Gesundheit.
- Ermittlung aktueller gesundheitlicher und arbeitsspezifischer Situationen der Teilnehmenden über verschiedene Checks.
- Vorteile:
- Kombination von digitalen und Präsenzangeboten.
- Zeit- und ortsunabhängige Nutzung der Module erleichtert Integration in den Arbeitsalltag.
2. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Viele Krankenkassen bieten spezielle Programme für Unternehmen an, um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern:
- Angebote:
- Workshops zu Stressbewältigung und Resilienz.
- Gesundheitskurse wie Yoga oder Entspannungstechniken.
- Beratung zur gesundheitsförderlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes.
- Ziel: Stärkung der individuellen Gesundheit und Verbesserung der Arbeitszufriedenheit.
3. Psychosoziale Unterstützung
- Sozialpsychiatrischer Dienst: Bietet Betroffenen und Angehörigen kostenlose Unterstützung bei psychischen Problemen.
- Telefonseelsorge: Unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 rund um die Uhr erreichbar.
- Helplines für Pflegekräfte: Spezialisierte Angebote zur Unterstützung bei berufsbedingten psychischen Belastungen.
Was können Arbeitgeber tun?
Arbeitgeber in der Pflegebranche spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der mentalen Gesundheit:
- Arbeitsumfeld verbessern:
- Offene Kommunikation und regelmäßige Feedbackgespräche etablieren.
- Wertschätzung und Anerkennung der Mitarbeitenden fördern.
- Weiterbildung und Schulung:
- Angebote zu Stressbewältigung, Resilienz und Achtsamkeit bereitstellen.
- Arbeitsbelastung reduzieren:
- Gerechte Arbeitsverteilung und effiziente Schichtplanung umsetzen.
- Personalaufstockung zur Entlastung der Mitarbeitenden prüfen.
- Gesundheitsfördernde Programme:
- Gesundheitskurse wie Yoga, Meditation oder Sport im Betrieb anbieten.
- Zugang zu mentalen Gesundheitsangeboten erleichtern.
Wie können Pflegekräfte unterstützt werden?
1. Bewusstsein schaffen
- Aufklärung über psychische Erkrankungen und Abbau von Stigmatisierung.
- Förderung einer offenen Gesprächskultur im Team.
2. Angebote zur Stressbewältigung
- Achtsamkeitstraining und Entspannungstechniken können helfen, Stress abzubauen.
- Zeit- und Selbstmanagement-Kurse unterstützen bei der Organisation des Arbeitsalltags.
3. Professionelle Hilfe anbieten
- Zugang zu psychologischer Beratung erleichtern.
- Anonymisierte Unterstützungsangebote bereitstellen, um Hemmschwellen abzubauen.
Was können Pflegekräfte selbst tun?
- Selbstfürsorge praktizieren:
- Regelmäßige Pausen einlegen.
- Auf eine gesunde Work-Life-Balance achten.
- Hilfe suchen:
- Bei Anzeichen von Überlastung professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.
- Austausch mit Kolleg*innen:
- Erfahrungen teilen und gegenseitige Unterstützung fördern.
Weltweiter Aktionstag: Welttag für psychische Gesundheit
Am 10. Oktober wird jährlich der Welttag für psychische Gesundheit begangen. Ziel ist es, das Bewusstsein für psychische Erkrankungen zu stärken und Präventionsangebote vorzustellen. Das Motto für 2023 lautet: "Weltweit Vorrang für psychische Gesundheit und Wohlergehen für alle!" Dieser Tag bietet eine gute Gelegenheit, auf die Herausforderungen in der Pflege aufmerksam zu machen und Maßnahmen zur Förderung der mentalen Gesundheit zu diskutieren.
Fazit
Die mentale Gesundheit von Pflegekräften ist von zentraler Bedeutung für das Wohl der Mitarbeitenden und die Qualität der Patientenversorgung. Mentale Gesundheitsprogramme in der Pflege können dazu beitragen, psychische Belastungen zu reduzieren und die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen. Es liegt in der Verantwortung von Arbeitgebern, Politik und Gesellschaft, entsprechende Maßnahmen zu fördern und Pflegekräften die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen.
Quellen und weiterführende Informationen
Medexcare.de setzt sich für die Unterstützung und Förderung der mentalen Gesundheit in der Pflege ein. Gemeinsam können wir dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Pflegekräfte zu stärken.
Footnotes
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Psychische Gesundheit. Link ↩
Techniker Krankenkasse. Fehlzeiten-Report Pflegeberufe. Link ↩
Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Burnout und psychische Gesundheit in der Pflege. Link ↩
AOK-Bundesverband. Care4Care: Gesundheitsförderung in der Pflege. Link ↩
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). Betriebliche Gesundheitsförderung. Link ↩
Sozialpsychiatrischer Dienst. Hilfe und Beratung bei psychischen Problemen. [Kontaktinformationen auf den Websites der jeweiligen Bundesländer] ↩
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Link ↩
Welttag für psychische Gesundheit. Informationen und Aktionen. Link ↩