Kündigung richtig schreiben
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein sensibles Thema, das sowohl von Arbeitnehmer- als auch von Arbeitgeberseite mit äußerster Sorgfalt behandelt werden sollte. Gerade im Gesundheits- und Pflegebereich, wo Schichtarbeit, Personalengpässe und komplexe rechtliche Rahmenbedingungen aufeinandertreffen, ist es wichtig, sämtliche Fristen, Formalien und gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Eine korrekt formulierte Kündigung schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern trägt auch dazu bei, das berufliche Ansehen zu wahren und unnötige Konflikte zu vermeiden.
Im Folgenden erfährst Du, wie eine wirksame Kündigung im Pflegebereich – ob als Pflegekraft, Pflegedienstleitung oder Einrichtung – ausgestaltet sein sollte. Zudem bieten wir Beispiele aus der Rechtsprechung, um die theoretischen Vorgaben mit praktischen Fällen zu untermauern.
Warum ist ein formgerechtes Kündigungsschreiben so wichtig?
Ein korrekt verfasstes Kündigungsschreiben dient als Nachweis, dass die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingehalten wurden. Dies ist nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit wichtig, sondern hilft auch, das Arbeitsverhältnis möglichst professionell abzuschließen.
Beispiel aus der Rechtsprechung:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 447/03) hat in mehreren Entscheidungen betont, dass die Schriftform (§ 623 BGB) unabdingbar ist. Ein mündlicher Ausspruch der Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail sind daher unwirksam. Durch solche Urteile ist klargestellt, dass ohne schriftliches, eigenhändig unterschriebenes Dokument keine wirksame Kündigung vorliegt.
Formale Vorgaben: Schriftform und eigenhändige Unterschrift
Gemäß § 623 BGB muss jede Kündigung schriftlich erfolgen. Das heißt:
- Die Kündigung muss auf Papier vorliegen.
- Eine eigenhändige Unterschrift des Kündigenden ist erforderlich.
- Elektronische Formen (E-Mail, Fax, SMS) genügen nicht.
Praxistipp:
Versende die Kündigung am besten per Einschreiben oder Übergabe durch einen Boten mit Empfangsbestätigung. So kannst Du nachweisen, dass Dein Schreiben beim Arbeitgeber oder der Personalabteilung eingegangen ist. Dies ist insbesondere für Pflegekräfte sinnvoll, die aufgrund von Schichtdiensten nicht immer persönlich vor Ort sein können.
Rechtsprechungshinweis:
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2015 – 17 Sa 1318/15) hat bestätigt, dass die Schriftform unverzichtbar ist. Ein fehlendes Originaldokument führt zur Unwirksamkeit der Kündigung, auch wenn die Gegenseite keinerlei Zweifel über den Beendigungswillen hatte.
Kündigungsfristen: Gesetzliche Grundlagen und Besonderheiten
Die Kündigungsfristen sind in § 622 BGB geregelt. Grundsätzlich gilt eine vierwöchige Frist zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats, wenn nichts anderes vereinbart ist. Je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit verlängern sich die Fristen für den Arbeitgeber. Tarifverträge oder einzelvertragliche Regelungen können jedoch Abweichungen vorsehen.
Beispiel für Pflegekräfte:
In vielen Pflegeeinrichtungen gelten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder branchennahe Tarife, die oft von den gesetzlichen Fristen abweichen. Es ist daher wichtig, den eigenen Arbeitsvertrag und gegebenenfalls geltende Tarifverträge genau zu prüfen.
Rechtsprechung:
Das BAG (Urteil vom 26.03.2015 – 2 AZR 783/13) hat klargestellt, dass beim Zusammentreffen unterschiedlicher Fristen (etwa gesetzliche vs. tarifvertragliche) in der Regel die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung gilt, sofern im Tarifvertrag nicht eindeutig etwas anderes bestimmt ist.
Probezeit: Schnellere Kündigung möglich
Während der Probezeit – meist bis zu sechs Monate – gelten verkürzte Kündigungsfristen. Häufig beträgt die Frist zwei Wochen, und es kann täglich gekündigt werden. Gerade im Pflegebereich, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer schnell prüfen wollen, ob es „passt“, ist diese Regelung von großer praktischer Bedeutung.
Rechtsprechungshinweis:
Das BAG (Urteil vom 06.11.2008 – 2 AZR 923/07) hat bestätigt, dass während der Probezeit verkürzte Fristen gelten dürfen, sofern dies vertraglich vereinbart und nicht gegen gesetzliche Mindeststandards verstößt.
Befristete Verträge und fristlose Kündigung
Bei befristeten Arbeitsverträgen ist eine ordentliche Kündigung nur möglich, wenn dies ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurde. Läuft der Vertrag ohne diese Klausel einfach aus, endet das Arbeitsverhältnis automatisch zum vereinbarten Termin.
Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer ist nur in schwerwiegenden Fällen zulässig. Beispielsweise, wenn der Arbeitgeber Löhne nicht zahlt oder wiederholt grob gegen Arbeitsschutzbestimmungen verstößt.
Fallbeispiel aus der Rechtsprechung:
Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 21.12.2017 – 5 Sa 334/17) entschied, dass ein Arbeitnehmer fristlos kündigen durfte, nachdem der Arbeitgeber wiederholt den Lohn verspätet und unvollständig zahlte. Die Pflegekraft konnte glaubhaft machen, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für sie unzumutbar war.
Aufbau und Inhalt des Kündigungsschreibens
Ein Kündigungsschreiben sollte klar, sachlich und präzise sein. Folgende Punkte dürfen nicht fehlen:
- Absenderangaben: Deine vollständige Anschrift.
- Empfängerangaben: Name, Anschrift des Arbeitgebers oder der Personalabteilung.
- Datum: Das Ausstellungsdatum des Schreibens.
- Betreff: „Kündigung des Arbeitsverhältnisses“.
- Kündigungserklärung: Eindeutige Formulierung, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird (z. B. „Hiermit kündige ich das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht zum …“).
- Einhalten der Frist: Hinweis darauf, dass die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen eingehalten werden.
- Bitte um Bestätigung: Fordere eine schriftliche Bestätigung der Kündigung an.
- Resturlaub und Überstunden: Gegebenenfalls Hinweis auf offene Ansprüche.
- Freundliche Grußformel und Unterschrift.
Rechtsprechung:
Das BAG (Urteil vom 20.03.2014 – 2 AZR 68/13) hat hervorgehoben, dass eine ausreichende Klarheit in der Kündigungserklärung notwendig ist. Unklare oder widersprüchliche Formulierungen können zur Unwirksamkeit führen. Je deutlicher die Beendigungsabsicht formuliert ist, desto sicherer ist die Kündigung.
Muster-Kündigungsschreiben für Pflegekräfte
Muster:
Max Mustermann
Musterstraße 1
12345 Musterstadt
Medexcare GmbH
Personalabteilung
Beispielweg 10
12345 Musterstadt
Musterstadt, tt.mm.jjjj
Betreff: Kündigung meines Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrte/r Frau/Herr [Name],
hiermit kündige ich das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis, begonnen am [Datum], ordentlich und fristgerecht zum [Datum]. Die geltenden Kündigungsfristen (gemäß Arbeitsvertrag/Tarifvertrag/gesetzlicher Regelung) werden selbstverständlich eingehalten.
Bitte bestätigen Sie mir schriftlich den Erhalt dieser Kündigung und teilen Sie mir mit, wie mit meinem verbleibenden Resturlaub und eventuellen Überstunden verfahren wird.
Ich bedanke mich für die bisherige Zusammenarbeit und wünsche Ihrem Unternehmen weiterhin alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
Max Mustermann
Hinweis: Dieses Muster dient als Orientierung. Je nach persönlicher Situation (z. B. Probezeit, fristlose Kündigung, besondere Vertragsklauseln) können Anpassungen erforderlich sein.
Kündigung zurücknehmen: Nur mit Zustimmung des Arbeitgebers
Ein einmal ausgesprochenes Kündigungsschreiben kann grundsätzlich nicht einseitig zurückgenommen werden. Der Arbeitgeber muss einer Rücknahme zustimmen, damit das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden kann.
Rechtsprechung:
Das BAG (Urteil vom 20.01.2016 – 2 AZR 449/15) stellte klar, dass eine Kündigung ein einseitiges Rechtsgeschäft ist. Ist sie wirksam ausgesprochen, kann sie nicht einfach widerrufen werden. Eine Einigung mit dem Arbeitgeber über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist aber jederzeit möglich.
Umgang mit Resturlaub und Überstunden
Nach einer Kündigung stellt sich häufig die Frage, was mit dem verbleibenden Urlaub oder angesammelten Überstunden geschieht. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber den Resturlaub gewähren, sofern dies noch während der Kündigungsfrist möglich ist. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht realisierbar, muss der Resturlaub ausbezahlt werden. Gleiches gilt für Überstunden, sofern keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden.
Rechtsprechung:
Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 06.11.2018 – C-684/16) hat betont, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub tatsächlich nehmen kann. Tut er dies nicht, kann ein finanzieller Ausgleich erforderlich werden. Diese Grundsätze haben auch für Pflegekräfte in deutschen Einrichtungen Gültigkeit.
Fazit: Sorgfalt und Kenntnis der Rechtslage sind entscheidend
Eine sorgfältig formulierte und formal korrekte Kündigung ist im Pflegebereich von großer Bedeutung. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, Fristen einhält und auf eine respektvolle Kommunikation achtet, verhindert unnötige Rechtsstreitigkeiten und wahrt ein professionelles Image – sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber.
Die genannten Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen, dass Gerichte streng auf die Einhaltung formaler und inhaltlicher Vorgaben achten. Eine fehlerhafte oder unklare Kündigung kann erhebliche Nachteile nach sich ziehen. Im Zweifel ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen oder sich an Gewerkschaften, Berufsverbände oder Fachanwälte für Arbeitsrecht zu wenden, um auf der sicheren Seite zu sein.
Ein guter Abschied ist ein wichtiger Teil des beruflichen Werdegangs. Wer seine Kündigung in der Pflegebranche richtig schreibt, handelt im besten Sinne für sich selbst und für das gesamte berufliche Umfeld.