Pflegekräfte aus dem Ausland: Chancen, Herausforderungen und Wege nach Deutschland
Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche ist in Deutschland seit Jahren ein drängendes Problem. Gleichzeitig bieten sich für Pflegekräfte aus dem Ausland neue Perspektiven und Möglichkeiten, in Deutschland Fuß zu fassen. In diesem Artikel beleuchten wir die aktuellen Entwicklungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und geben praktische Tipps für Arbeitgeber und Pflegekräfte, die den Weg nach Deutschland suchen.
Die aktuelle Situation in der Pflege
Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche ist seit Jahren deutlich spürbar. Laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) gab es im Jahr 2022 nur 26 arbeitslose Altenpflegefachkräfte auf 100 gemeldete Stellen. In der Krankenpflege waren es 47 Arbeitslose auf 100 Stellen. Diese Engpässe sind in allen Bundesländern vorhanden und erschweren die Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen erheblich.
Bedeutung ausländischer Pflegekräfte
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen viele Einrichtungen auf Pflegekräfte aus dem Ausland. Bereits 2022 waren rund 11% der Pflegekräfte in Deutschland ausländischer Herkunft:
- Altenpflege: 15% (ca. 91.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte)
- Krankenpflege: 9% (ca. 103.000 Beschäftigte)
Die meisten ausländischen Pflegekräfte stammen aus:
- Polen
- Bosnien und Herzegowina
- Türkei
- Kroatien
- Rumänien
Interessanterweise kommen etwa 60% der ausländischen Pflegekräfte aus Nicht-EU-Staaten. Die Zahl der zugelassenen Pflegekräfte aus Drittstaaten steigt kontinuierlich an.
Wege zur Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte
Es gibt grundsätzlich zwei Strategien, um ausländisches Pflegepersonal zu gewinnen:
Anstellung von Auszubildenden aus dem Ausland
Voraussetzungen für Bewerber:
- Schulabschluss: Mittlerer Schulabschluss oder gleichwertig
- Sprachkenntnisse: Deutsch auf Niveau B1 oder B2 (abhängig vom Bundesland)
- Gesundheitliche Eignung: Ärztliches Attest
- Polizeiliches Führungszeugnis
Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen:
- EU-/EWR-Bürger: Freizügigkeit, keine besondere Aufenthaltserlaubnis nötig
- Drittstaatsangehörige: Visum/Aufenthaltserlaubnis nach §16a AufenthG
Sicherung des Lebensunterhalts:
- Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel (aktuell mindestens 939 Euro brutto pro Monat)
Einstellung bereits ausgebildeter Pflegekräfte
Voraussetzungen für Bewerber:
- Anerkennung der Berufsqualifikation: Gleichwertigkeit mit deutschem Abschluss
- Berufsausübungserlaubnis: Erforderlich für reglementierte Berufe
- Sprachkenntnisse: Deutsch auf Niveau B1 oder B2
- Gesundheitliche Eignung und Zuverlässigkeit
Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen:
- Visum für Fachkräfte: Bei voller Anerkennung und Berufszulassung (§18a AufenthG)
- Visum zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen: Bei teilweiser Anerkennung (§16d AufenthG)
Info: Pflegekräfte können auch zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen, wenn sie eine volle Anerkennung haben, aber noch kein Jobangebot vorliegt.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen
- EU-/EWR-Bürger: Können ohne besondere Erlaubnis in Deutschland arbeiten.
- Drittstaatsangehörige: Benötigen ein Visum und eine Aufenthaltserlaubnis.
Wichtige Visa-Arten:
- §16a AufenthG: Für Auszubildende
- §18a AufenthG: Für anerkannte Fachkräfte
- §16d AufenthG: Für Anpassungsqualifizierungen bei teilweiser Anerkennung
Anerkennung ausländischer Qualifikationen
Der Beruf der Pflegefachkraft ist in Deutschland reglementiert. Eine Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation ist daher zwingend erforderlich.
Ablauf des Anerkennungsverfahrens:
- Antragstellung: Bei der zuständigen Anerkennungsstelle
- Prüfung: Vergleich der ausländischen Ausbildung mit der deutschen
- Ergebnis:
- Volle Anerkennung: Direkter Einstieg als Fachkraft möglich
- Teilweise Anerkennung: Möglichkeit der Anpassungsqualifizierung oder Kenntnisprüfung
- Berufsausübungserlaubnis: Nach erfolgreicher Anerkennung und Nachweis der Sprachkenntnisse
Sprachliche Anforderungen:
- Deutschkenntnisse: Niveau B1 oder B2 (abhängig vom Bundesland)
Gesundheitliche Eignung und Zuverlässigkeit:
- Ärztliches Attest und polizeiliches Führungszeugnis erforderlich
Unterstützung und Anlaufstellen
Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)
- Projekt Triple Win: Vermittlung von Pflegefachkräften aus Bosnien-Herzegowina, den Philippinen, Indonesien und Tunesien
- Leistungen:
- Vorauswahl geeigneter Kandidaten
- Unterstützung bei Visum und Anerkennungsverfahren
- Sprachkurse und interkulturelle Trainings
Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa)
- Ziel: Unterstützung von Arbeitgebern bei der Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte
- Angebote:
- Beratung zu rechtlichen Rahmenbedingungen
- Prozessbegleitung bei Anerkennung und Arbeitsmarktzulassung
Förderprogramm "Faire Anwerbung Pflege"
- Ziel: Unterstützung bei der fairen Anwerbung von Pflegefachkräften aus Lateinamerika und Asien
- Angebot: Finanzielle Förderung und Beratung
Legale Beschäftigung von Pflegekräften im Privathaushalt
Viele Familien suchen nach Pflegekräften für die Betreuung zu Hause. Dabei gibt es zwei legale Wege:
Arbeitgebermodell: Die Familie stellt die Pflegekraft direkt ein.
- Pflichten:
- Arbeitsvertrag abschließen
- Anmeldung bei Sozialversicherung und Finanzamt
- Einhaltung von Arbeitszeitgesetzen und Mindestlohn
- Pflichten:
Entsendemodell: Beauftragung eines ausländischen Unternehmens
- Ablauf:
- Vermittlung über Agenturen
- Die Pflegekraft ist beim ausländischen Unternehmen angestellt und wird nach Deutschland entsendet
- Wichtig:
- Vorlage der A1-Bescheinigung (Nachweis der Sozialversicherung)
- Einhaltung deutscher Arbeitsbedingungen
- Ablauf:
Vorsicht vor Schwarzarbeit: Illegale Beschäftigung kann zu hohen Geldbußen führen und birgt Risiken bei Arbeitsunfällen oder Haftungsfragen.
Fazit
Die Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte bietet eine Chance, dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Dabei profitieren sowohl die Pflegeeinrichtungen als auch die Fachkräfte selbst. Wichtig ist jedoch, die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten und auf eine faire und transparente Anwerbung zu achten. Mit der richtigen Unterstützung und sorgfältigen Planung steht einer erfolgreichen Integration ausländischer Pflegekräfte nichts im Wege.
FAQ
1. Welche Voraussetzungen müssen ausländische Pflegekräfte erfüllen?
- Anerkennung der Berufsqualifikation
- Deutschkenntnisse (Niveau B1 oder B2)
- Berufsausübungserlaubnis
- Gesundheitliche Eignung und Zuverlässigkeit
2. Wie kann ich als Arbeitgeber ausländische Pflegekräfte rekrutieren?
- Über die ZAV und das Projekt Triple Win
- Durch Kooperation mit der Deutschen Fachkräfteagentur (DeFa)
- Nutzung von Förderprogrammen wie "Faire Anwerbung Pflege"
3. Welche rechtlichen Aspekte muss ich beachten?
- Einhaltung des Aufenthaltsgesetzes (§16a, §16d, §18a AufenthG)
- Sicherstellung der Anerkennung der ausländischen Qualifikation
- Beachtung von Arbeitszeitgesetzen und Mindestlohn
4. Kann ich Pflegekräfte aus jedem Land anwerben?
- Es gibt Anwerbe- und Vermittlungsverbote für bestimmte Länder gemäß der WHO-Liste
- Die Anwerbung aus diesen Ländern ist nur über die BA erlaubt
5. Wie läuft das Anerkennungsverfahren ab?
- Antragstellung bei der zuständigen Stelle
- Prüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildung
- Ggf. Anpassungsqualifizierung oder Kenntnisprüfung
- Erhalt der Berufsausübungserlaubnis
6. Welche Unterstützung gibt es für die Integration ausländischer Pflegekräfte?
- Sprachkurse und interkulturelle Trainings
- Unterstützung bei Behördengängen und Anerkennungsverfahren
- Integrationsworkshops für Arbeitgeber und Teams
Kontaktieren Sie uns bei Medexcare.de für weitere Informationen und individuelle Beratung. Gemeinsam finden wir die passenden Lösungen für Ihren Personalbedarf in der Pflege.
Hinweis: Alle Informationen sind auf dem Stand von Oktober 2023 und können sich ändern. Bitte informieren Sie sich bei den zuständigen Behörden über aktuelle Regelungen.