Tariferhöhung in der Zeitarbeit: Was Sie ab Oktober 2024 wissen müssen
Die Zeitarbeitsbranche steht vor einer bedeutenden Veränderung: Ab dem 1. Oktober 2024 treten neue Tariferhöhungen im Rahmen der Tarifverträge des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister (BAP) und des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) in Kraft. Diese Anpassungen haben Auswirkungen auf die Löhne von rund 700.000 Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmern in Deutschland. In diesem Artikel informieren wir Sie über die wichtigsten Änderungen, beantworten häufig gestellte Fragen und erläutern, was dies für Sie bedeutet.
Überblick über die Tariferhöhungen
Nach intensiven Verhandlungen zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit und dem Gesamtverband der Personaldienstleister e.V. (GVP) wurden folgende Vereinbarungen getroffen:
- Erste Stufe: Zum 1. Oktober 2024 erhöhen sich die Entgelte um 3,7 Prozent.
- Zweite Stufe: Zum 1. März 2025 folgt eine weitere Erhöhung um 3,8 Prozent.
- Laufzeit: Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 18 Monaten und ist erstmals zum 30. September 2025 kündbar.
Neue Entgelttabellen ab Oktober 2024
Die Anpassungen wirken sich auf die Entgeltgruppen wie folgt aus:
Entgeltgruppe | Stundenlohn ab 01.10.2024 | Stundenlohn ab 01.03.2025 |
---|---|---|
EG 1 | 14,00 € | 14,53 € |
EG 2a | 14,31 € | 14,85 € |
EG 2b | 14,67 € | 15,23 € |
EG 3 | 15,62 € | 16,21 € |
EG 4 | 16,51 € | 17,14 € |
EG 5 | 18,51 € | 19,21 € |
EG 6 | 20,55 € | 21,33 € |
EG 7 | 23,91 € | 24,82 € |
EG 8 | 25,60 € | 26,57 € |
EG 9 | 26,85 € | 27,87 € |
Hinweis: Trotz der Fusion von BAP und iGZ zum Gesamtverband der Personaldienstleister e.V. (GVP) gelten die bisherigen Tarifverträge weiterhin als eigenständige Tarifwerke fort.
Bedeutung der Tariferhöhung für Zeitarbeitnehmer
Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn
Durch die Tariferhöhung vergrößert sich der Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn erheblich. So steigt der Stundenlohn in der untersten Entgeltgruppe EG 1 ab März 2025 auf 14,53 €, was deutlich über dem aktuellen Mindestlohn von 12,00 € liegt. Dies stellt sicher, dass Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer fairer entlohnt werden und ihre Arbeit entsprechend wertgeschätzt wird.
Auswirkungen auf Sonderzahlungen
Die Erhöhungen wirken sich auch auf tarifliche Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld aus. Diese sind tarifdynamisch, das heißt, sie steigen proportional zu den Tarifentgelten. Mitglieder der DGB-Gewerkschaften profitieren zusätzlich von einem sogenannten Mitgliedervorteil, der ihnen höhere Sonderzahlungen ermöglicht.
Häufig gestellte Frage: Dürfen übertarifliche Zulagen bei einer Tariferhöhung gekürzt werden?
Hintergrund
Übertarifliche Zulagen sind zusätzliche Zahlungen, die Arbeitgeber über den tariflich vereinbarten Lohn hinaus gewähren. Sie werden oft individuell im Arbeitsvertrag festgelegt und dienen dazu, besondere Leistungen oder Qualifikationen zu honorieren.
Rechtliche Lage
Gemäß einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 27.08.2008, Az.: 5 AZR 820/07) ist es Arbeitgebern grundsätzlich erlaubt, übertarifliche Zulagen mit Tariferhöhungen zu verrechnen. Das bedeutet:
Anrechenbarkeit: Wenn der Tariflohn steigt, kann der Arbeitgeber die übertarifliche Zulage entsprechend kürzen, sodass das Gesamtgehalt unverändert bleibt.
Vertragsklauseln: Viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die diese Verrechnung ausdrücklich erlauben. Ein Beispiel für eine solche Klausel wäre:
"Der Arbeitnehmer erhält eine übertarifliche Zulage in Höhe von 1,50 € pro Stunde. Erhöhungen des Tariflohns werden auf diese Zulage angerechnet."
Begründung
Die Möglichkeit der Anrechnung soll sicherstellen, dass Arbeitgeber durch unerwartete Tariferhöhungen nicht unverhältnismäßig belastet werden. Übertarifliche Zulagen werden oft im Voraus gewährt, um Tarifsteigerungen vorwegzunehmen.
Was bedeutet das für Sie?
- Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag: Schauen Sie nach, ob eine entsprechende Anrechnungsklausel enthalten ist.
- Gespräch mit dem Arbeitgeber: Bei Unklarheiten empfiehlt es sich, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
- Gewerkschaftliche Unterstützung: Gewerkschaften können hierbei beratend zur Seite stehen und unterstützen.
Branchenzuschläge und ihre Bedeutung
In einigen Branchen erhalten Zeitarbeitnehmer sogenannte Branchenzuschläge. Diese dienen dazu, die Entgeltdifferenz zwischen Zeitarbeitnehmern und der Stammbelegschaft zu reduzieren. Branchenzuschlagstarife existieren unter anderem in folgenden Branchen:
- Metall- und Elektroindustrie
- Chemische Industrie
- Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie
- Textil- und Bekleidungsindustrie
- Druckindustrie
Die Branchenzuschläge werden auf das tarifliche Entgelt aufgeschlagen und erhöhen somit den Stundenlohn zusätzlich.
Tipps für Zeitarbeitnehmer
Informieren Sie sich regelmäßig
- Tarifinformationen: Bleiben Sie über aktuelle Tarifentwicklungen informiert. Gewerkschaften bieten regelmäßig Updates und Informationsmaterialien an.
- Rechte und Pflichten: Kennen Sie Ihre Rechte als Zeitarbeitnehmer, insbesondere in Bezug auf Lohnansprüche und Arbeitsbedingungen.
Nutzen Sie gewerkschaftliche Angebote
- Mitgliedervorteil: Als Mitglied einer DGB-Gewerkschaft profitieren Sie von höheren Sonderzahlungen und zusätzlicher Unterstützung.
- Beratung: Gewerkschaften bieten Beratung in arbeitsrechtlichen Fragen und können bei Konflikten mit dem Arbeitgeber helfen.
Überprüfen Sie Ihre Lohnabrechnung
- Richtige Eingruppierung: Stellen Sie sicher, dass Sie korrekt in die Entgeltgruppe eingestuft sind, die Ihrer Tätigkeit entspricht.
- Übertarifliche Zulagen: Kontrollieren Sie, ob etwaige Kürzungen der Zulagen rechtmäßig sind.
Ausblick und weitere Entwicklungen
Der aktuelle Tarifvertrag ist bis zum 30. September 2025 gültig. Danach sind weitere Entgelterhöhungen möglich. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen und des Fachkräftemangels in vielen Branchen bleibt abzuwarten, wie sich die Zeitarbeitslöhne in Zukunft entwickeln werden.
Fazit
Die Tariferhöhungen im BAP- und iGZ-Tarifvertrag ab Oktober 2024 bringen spürbare Verbesserungen für Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer. Insbesondere der größere Abstand zum Mindestlohn und die Auswirkungen auf Sonderzahlungen sind positiv zu bewerten. Dennoch sollten Beschäftigte aufmerksam bleiben, insbesondere in Bezug auf übertarifliche Zulagen und ihre Arbeitsverträge genau prüfen.
Haben Sie weitere Fragen?
Bei Unsicherheiten oder wenn Sie weitere Informationen benötigen, stehen wir von Medexcare.de Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns per Telefon, E-Mail oder über unsere Social-Media-Kanäle.
Quellen:
- Personaldienstleister.de – Entgelttabellen
- IG Metall – Tarifabschluss Leiharbeit 2024
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.08.2008 – 5 AZR 820/07
Über Medexcare.de
Medexcare.de ist Ihr Partner für aktuelle Informationen rund um Arbeit und Pflege. Wir setzen uns für faire Arbeitsbedingungen ein und unterstützen Sie bei allen Fragen zu Tarifen, Arbeitsrecht und Karriereplanung.