Kinästhetik in der Pflege: Ein ganzheitliches Handlungskonzept
1. Definition Kinästhetik
Die Kinästhetik repräsentiert ein umfassendes Handlungskonzept in der Pflege, das darauf abzielt, die Bewegungen von Patienten auf schonende Weise zu unterstützen, ohne auf das Heben und Tragen zurückgreifen zu müssen. Dieses Konzept fördert die Motivation der Pflegebedürftigen durch eine verbesserte Kommunikation mittels Berührung und Bewegung.
2. Ziele der Kinästhetik
Die Ziele der Kinästhetik sind vielfältig:
- Erleichterung der Mobilisation von Menschen, ohne dabei auf das Heben und Tragen angewiesen zu sein.
- Identifizierung und Förderung der Bewegungsressourcen bei erkrankten Personen.
- Erhaltung der körperlichen Gesundheit der Pflegekräfte durch schonendes Arbeiten.
3. Leitidee der Kinästhetik
Jede Bewegung und jeder Transfer wird so gestaltet, dass der Patient die Kontrolle über das Geschehen behält. Dies ermöglicht es den Pflegebedürftigen, die gemachten Bewegungserfahrungen nachzuvollziehen und ihren eigenen Körper als wirksam zu erleben.
4. Konzepte der Kinästhetik in der Pflege
Die Konzepte der Kinästhetik in der Pflege umfassen:
- Kommunikation und Interaktion durch Berührung und Bewegung: Bietet der Pflegebedürftige die Möglichkeit, die Bewegung in seinem eigenen Körper nachzuvollziehen?
- Funktionale Anatomie: Kann der Pflegebedürftige seinen Körper durch Anleitung besser wahrnehmen und seine eigenen Ressourcen nutzen?
- Menschliche Bewegung: Unterstützt die Anleitung den Pflegebedürftigen dabei, seine Bewegungsressourcen effizient einzusetzen?
- Anstrengung: Trägt die Unterstützung dazu bei, dass der Pflegebedürftige Anstrengung (Zug und Druck) in seinem Körper besser koordinieren kann?
- Menschliche Funktion: Dient als Ordnungssystem zur Klassifizierung und Verständnis menschlicher Aktivitäten. Die Grundmuster dieser Aktivitäten werden durch die anderen Konzepte beschrieben.
- Angepasste Umgebung: Ist die Umgebung für die Durchführung der entsprechenden Funktion geeignet?
5. Prinzipien der Kinästhetik
Die Prinzipien der Kinästhetik umfassen:
- Gezielter Griff – Freiraum lassen
- Vermeidung des Greifens in Zwischenräumen (z.B. Achselhöhle) – um die Bewegungsfreiheit nicht zu behindern und eine Verkrampfung zu vermeiden.
6. Umsetzung der Kinästhetik
Bei der kinästhetischen Pflege liegt der Fokus auf:
- Aufbau von Vertrauen zwischen Pflegebedürftigen und Pflegekraft anstelle von Heben und Tragen.
- Entspannung der Muskulatur, um dem Pflegebedürftigen die Nutzung seiner eigenen Ressourcen zu ermöglichen.
- Ersetzen von Hebel- und Tragekräften durch Zug- und Druckkräfte.
7. Auswirkungen der Kinästhetik auf die zu pflegende Person
Die Anerkennung von bestehenden Widerständen, wie Überforderung, Angst vor Schmerzen und funktionale Einschränkungen, sowie die kontinuierliche Anpassung des Bewegungsangebots mit dem Ziel der Spannungsregulation können folgende Effekte bei Mobilisationsmaßnahmen erzielen:
- Reduzierung von Angst
- Schmerzreduktion sowie verringerter Bedarf an Schmerzmitteln
- Geringerer Unterstützungsbedarf durch den Pfleger
- Reduzierung der Anstrengung – Sensibilität für taktile und kinästhetische Informationen steigt
- Kontinuierlicher und effektiver Austausch von Bewegungsinformationen zwischen den Beteiligten wird als wesentliche Quelle für das Erlernen von Bewegungen genutzt
- Wiedererlangung der Selbstständigkeit oder Erhaltung der Teilselbstständigkeit
Probleme können sein:
- Keine Verbesserung des physiologischen Zustands älterer Menschen
- Ablehnung der körperlichen Nähe durch Pflegekräfte
8. Auswirkungen auf die Pflegenden
Die Anwendung der Kinästhetik kann für Pflegekräfte folgende Auswirkungen haben:
- Geringere physische Belastung
- Höhere Anerkennung seitens der Pflegebedürftigen
- Steigerung der psychischen Belastbarkeit und beruflichen Zufriedenheit
Probleme können sein:
- Keine Verbesserung des allgemeinen physischen Zustandes älterer Menschen
- Ablehnung der körperlichen Nähe durch Pflegekräfte oder Betroffene